Mit Marionetten zum Deutschen Computerspielpreis

Wie das gehen soll? Das Game A Juggler's Tale hat's vorgemacht.

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Der Geschichtenerzähler und Marionettenspieler Jack führt das Theaterstück von Abby auf, einer gefangenen Zirkusartistin, die aus ihrem Wanderzirkus ausbricht. Geleitet von Jack lernt sie eine märchenhafte Welt voll Schönheit, aber auch düsterer Gefahren, Hindernissen und Verrat kennen. Kann sie ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und das Publikum für sich gewinnen?

Dominik Schön studiert am Animationsinstitut Interactive Media und ist bei A Juggler's Tale für die Gameplay-Programmierung und die Level-Art zuständig. Hier erzählt er über die Entstehungsgeschichte des Games und über sein Studium der Interaktiven Medien.

 

Über A Juggler's Tale

Worum geht es bei A Juggler's Tale?

Dominik: A Juggler's Tale ist ein atmosphärischer 3D-Sidescroller für PC und Konsole, der in einem mittelalterlichen Puppentheater spielt und sich um die Beziehung zwischen Erzähler und den Marionetten dreht. Die Spieler erleben die Geschichte von Abby, einer gefangenen Zirkusartistin. Sie entkommt aus dem Wanderzirkus und findet sich in einer wunderschönen, märchenhaften Welt wieder. Doch nach einem kurzen Moment der Freiheit begegnet sie auch den Gefahren, die diese Welt bereithält. Geleitet durch die lyrischen Reime des Erzählers und Puppenspielers muss sich Abby einen Weg durch Banditen, Fallen und zahlreiche andere gefährliche Hindernisse bahnen. Der Erzähler spielt eine große Rolle im Spiel, weil er allen Marionetten ihre Stimme gibt und weil er für die Geschichte verantwortlich ist, die das Publikum und der Spieler zu erleben bekommt.

 

Wie kam es zur Entstehung von A Juggler's Tale?

Dominik: Das Spiel entstand ursprünglich im zweiten Jahr unseres Studiums, im sogenannten "Filmgestaltung 2"-Semester. Hier dürfen die Studierenden unter Betreuung der Dozierenden sehr frei experimentieren, weshalb wir auch ein Spiel entwickeln konnten. Während der Projektphase haben wir einen kurzen Abschnitt des Spiels gebaut, einen sogenannten "Vertical Slice". Wir wollten moderne, digitale Spiele mit der traditionellen Theater- und Poesie-Kultur verbinden. Deutschland kann auf Jahrhunderte voller Märchen, Poesie und Dramen zurückschauen, die einen unerschöpflichen Pool an Sagen und Legenden bieten. Unsere Motivation zur Entwicklung von A Juggler's Tale kommt aus unserer Begeisterung für diese Geschichten und narrative Spiele. Weil uns das Thema und die Spielwelt so gut gefallen hat, haben wir dann in einem freien Jahr das Spiel unabhängig von der Filmakademie weiterentwickelt und unsere eigene Firma kaleidoscube gegründet. Aktuell schließen wir das Projekt als Koproduktion unserer Firma und der Filmakademie als unser Diplomprojekt ab.

Wir wollten moderne, digitale Spiele mit der traditionellen Theater- und Poesie-Kultur verbinden.

Dominik Schön

Welche Aufgaben haben die Teammitglieder beim Projekt?

Dominik: Unser Kernteam bei A Juggler's Tale bestand aus drei Studenten: Steffen Oberle (Student Animation) ist verantwortlich für Story und 3D Art, Enzio Probst (Student Technical Directing) für Core-Programmierung, Shading und Lighting, und Dominik Schön (Student Interactive Media) für Gameplay-Programmierung und Level-Art. Inzwischen ist Elias Kremer (Student Animation) noch zum Team dazugestoßen und kümmert sich um Effekte, Shading und Art. Davon abgesehen haben wir sehr viel Unterstützung von anderen Studierenden aus dem Bereich Sounddesign und Musik, Motion Design, Animation etc. – und Sven Bergmann, auch selber Dozent am Animationsinstitut, hat uns als Producer beim Prototypen geholfen.

 

Ihr kommt ja mit euren Studienrichtungen Animation, Technical Directing und Interactive Media aus verschiedenen Disziplinen. Wie habt ihr euch zu einem Team zusammengefunden? Wie hat eure Zusammenarbeit funktioniert? Wie konnte ein reibungsloser Workflow garantiert werden?

Dominik: Wir haben alle im Grundstudium begonnen, dort hat man sehr viel mit den anderen Gewerken (auch Drehbuch, Kamera, Regie etc.) zusammen Unterricht und lernt sich kennen. So haben wir bereits im ersten Jahr in einem kleineren Projekt in der gleichen Gruppe gearbeitet – und dort festgestellt, dass wir sehr gut miteinander an einer Vision werkeln können. Das wir alle unterschiedliche Disziplinen studieren, war da eher Zufall, aber es hat unserer Zusammenarbeit sehr geholfen, dass wir verschiedene Hintergründe haben. In der tatsächlichen Arbeit mit so einem kleinen Team verschwinden diese Grenzen aber auch ganz schnell und jeder arbeitet in den verschiedensten Bereichen.

 

Was war die größte Herausforderung bei eurer Arbeit an A Juggler's Tale?

Dominik: Ich glaube, es gab nicht die eine „größte“ Herausforderung. Zusammen kreativ in einem Team zu arbeiten, in das sich jeder einbringen kann, ist immer schwierig – aber auch ganz einfach Zeitmanagement und viel Organisationsaufwand, der immer wieder anfällt. Wir mussten erst lernen, unsere Arbeitskapazität richtig einzuschätzen, um dann besser planen zu können.

 

Ihr habt ja auch schon diverse Preise gewonnen! Welche waren das genau?

Dominik: Letztes Jahr konnten wir mit A Juggler's Tale den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie „Bester Nachwuchs Prototyp“ gewinnen. Auf der Game Connection Europe konnten wir im November zahlreiche Preise (u. a. Grand Award, Beste Story, Bestes Artwork, Bestes PC-Spiel) in Paris gewinnen, was uns auch total überrascht und gefreut hat. Und erst letzte Woche haben wir erfahren, dass wir auch auf den IGF Awards während der GDC 2020 als „Bestes Studentenspiel“ unter den Finalisten sind.

Über das Studium der Interactive Media

Wieso hast du dich für ein IM-Studium entschieden?

Dominik: Ich habe mich nach einem Studienplatz im Bereich Gamedesign/Spieleentwicklung an einer staatlichen Hochschule umgesehen. Von der Filmakademie hat mir ein guter Freund erzählt, der sich ebenfalls dort bewerben wollte – im Bereich Animation. Zusammen haben wir den Tag der offenen Tür besucht und ich habe mir natürlich die ganzen Projekte der letzten Jahre auf der Website angeschaut. Das hat mich alles ziemlich begeistert, weshalb ich mich dann unbedingt bewerben wollte.

 

Was hast du vor deinem Studium an der Filmakademie gemacht?

Dominik: Eigentlich bin ich noch ziemlich jung für die Filmakademie und komme quasi direkt von der Schule. Während meiner Schulzeit hatte ich angefangen, eigene Apps und kleine Spiele zu programmieren, weshalb ich das Glück hatte, vor dem Studium ein Jahr Praktikum in zwei deutschen Spielestudios machen zu dürfen. Während meiner Zeit bei King Art Games in Bremen konnte ich an den Spielen Book of Unwritten Tales und Die Zwerge mitarbeiten und während meines Praktikums in München bei Mimimi Games durfte ich Leveldesign für Shadow Tactics machen.

 

Welche praktischen Erfahrungen hast du vor und während deines Studiums gesammelt?

Dominik: Da das Studium an der Filmakademie sehr praktisch- und projektorientiert aufgebaut, sammeln wir hier wahnsinnig viel praktische Erfahrungen. Das beginnt im Grundstudium mit Dingen wie Kamera für Film, Drehbuch und Dramaturgie und Regie und endet im Projektstudium mit Teamarbeit an verschiedensten interaktiven oder linearen Projekten. Der Unterricht an der Filmakademie ist eigentlich immer begleitend zu den Projekten, an denen die Studierenden aktuell arbeiten. Durch die doch geringe Studierendenzahl hat man immer Einblick in all die Dinge, an denen die anderen Studierenden gerade sitzen – eine großartige Möglichkeit, von den Mitstudierenden zu lernen oder diese wiederum praktisch zu unterstützen.

Durch die doch geringe Studierendenzahl hat man immer Einblick in all die Dinge, an denen die anderen Studierenden gerade sitzen – eine großartige Möglichkeit, von den Mitstudierenden zu lernen.

Dominik Schön

Auf was hast du dich während deines Studiums spezialisiert?

Dominik: Das finde ich sehr schwer zu beantworten – bestimmt habe ich mich spezialisiert, bin in verschiedenen Bereichen besser geworden. Aber so ein richtiges Spezialgebiet habe ich, glaube ich, nicht für mich gefunden – was aber auch vollkommen in Ordnung ist. Gerade in kleinen Teams muss man sowieso verschiedene Aufgaben übernehmen. Bei A Juggler's Tale mache ich sowohl Programmierung und Level-Art – weil sonst einfach keiner da wäre, der es machen würde. Aber ich denke, ich arbeite sehr viel organisierter und zielstrebiger als vor meinem Studium – und zusammen im Team zu arbeiten ist auch ein Lernprozess, der noch einige Zeit andauern wird.

 

Was macht dir an deinem IM-Studium besonders Spaß? Welche Themen findest du besonders spannend?

Dominik: Die Möglichkeit, ganz verschiedene Projekte zu initiieren – das geht von Computerspiel, App, Website bis hin zu Installationen oder Musikarbeiten. Für das Format unserer Arbeit wird uns keine Vorgabe gemacht und es macht unglaublich viel Spaß, da herumzuexperimentieren. Im dritten Jahr meines Studiums wollte ich einen interaktiven Sandkasten mit Projektion programmieren – und es wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass wir das realisieren konnten. Wir hatten dabei Unterstützung vom Bau des tatsächlichen Kastens bis zu speziellem Mentoring für Sound auf Messen und Veranstaltungen.

 

Was war dein bisheriges Highlight im Studium?

Dominik: Man lernt hier ganz viele kreative Menschen (Studierende und Lehrende) kennen und kann mit diesen zusammen im Team an verrückten Ideen arbeiten. Ich schätze mich sehr glücklich, eine Gruppe von Freunden zu haben, mit denen ich gerne zusammenarbeite – die Filmakademie wirft hier echt viele Menschen mit ganz ähnlichen Interessen und kreativen Phantasien zusammen. Durch die verschiedenen Projekte in unterschiedlichen Teams lernt man immer wieder neue Menschen auf eine intensive Weise kennen.

 

Wie sieht dein Studienalltag aus?

Dominik: Wir haben einen festen Arbeitsraum am Animationsinstitut, in dem wir zusammen an A Juggler's Tale arbeiten können. Wenn wir nicht gerade Vorlesungen oder Meetings haben, findet man mich tagsüber (oder abends) meistens an meinem Arbeitsplatz. Ansonsten haben wir eigentlich keine festen Unterrichtszeiten, der Stundenplan wechselt jede Woche – das liegt daran, dass am Animationsinstitut sehr viele Gastdozierende unterrichten, die je nach Projekten und Bedarf eingeladen werden. Alle zwei Wochen treffen sich alle Studierenden eines Jahres und berichten über den aktuellen Fortschritt ihres Projektes im sogenannten „Weekly“. Das ist eine schöne Gelegenheit, Feedback zur eigenen Arbeit zu erhalten und sich gegenseitig zu unterstützen.

 

Was würdest du Bewerberinnen und Bewerbern raten?

Dominik: Versteift euch nicht zu sehr auf ein Themengebiet – man muss hier weder Experte in einem Bereich sein, um studieren zu können, noch sich nur auf einen Bereich spezialisieren wollen. Das Studium ist auch dafür gedacht, neue Dinge ausprobieren zu können, und die einzelnen Studienvertiefungen sind eher als Leitfaden gedacht. Aber viele Kurse hat man mit anderen Studienvertiefungen zusammen und es ist auch immer gerne gesehen, wenn man Vorlesungen der anderen Bereiche besucht.

 

 

 

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