Johannes Kammerer absolvierte im vergangenen Jahr sein Diplom im Bereich Animation und Visual Effects am Animationsinstitut. Der freiberufliche Motion Designer und 3D-Artist widmete sein Abschlussprojekt seiner persönlichen Leidenschaft, dem Skateboarden und realisierte mit Refugium ein experimentelles VFX-Skatevideo. Skaten wird zur Metapher für ein „urbanen Niemandsland“, in dem man, fernab von Alltag, Stress und Angst, immer noch Kind sein darf. Der Kurzfilm zeigt aber auch eine Welt voll ambivalenter Gefühle, in der nicht alles immer nur Spiel und Spaß ist, sondern auch harte Arbeit, Verzweiflung und Frustration.
Lies weiter und erfahre im Interview mit Regisseur Johannes Kammerer was hinter der ungewöhnlichen Produktion steckt.
Interview mit Regisseur Johannes Kammerer
Ich fahre Skateboard, seit ich 12 Jahre alt bin. Skateboarding war schon immer ein großer Teil meines Lebens und so lag es nahe, darüber einen Film zu machen. Außerdem wollte ich in meiner Geschichte die kleinen Kämpfe des Alltags zeigen. Stress und Angst.
Ich selbst hatte eine Zeit lang mit Ängsten zu kämpfen und Skateboarding war für mich immer eine Zuflucht - ein Ort, an dem ich einfach spielen und Spaß haben konnte wie ein kleines Kind. Aber auch beim Skaten kann nicht immer alles Spaß machen. Es ist harte Arbeit, schmerzhaft und manchmal mit Frustration verbunden. Man fällt hin und verletzt sich. Und dann muss man wieder aufstehen und es erneut versuchen. Das stellte für mich einen interessanten Kontrast dar.
Refugium ist kein typischer Animations-Diplomfilm und war wahrscheinlich auch nicht die beste Idee für das typische Showreel, das für Jobs in der Animationsbranche gesucht wird. Trotzdem war es immer ein großer Traum von mir, ein eigenes Skatevideo zu drehen und dabei Regie zu führen. Für mein Diplom hatte ich dann endlich die Chance, meine Leidenschaft für Animation mit all den anderen filmischen Fähigkeiten, die ich bisher erworben hatte, zu kombinieren. Also habe ich es einfach gemacht.
Es war ziemlich schwierig, das Projekt zu starten. Ich habe noch nie bei einem Film Regie geführt und es hat lange gedauert, bis ich alle Ideen für den Film aus meinem Kopf in ein Storyboard oder Drehbuch übertragen konnte. An ein paar Stellen kam ich nicht weiter und so stellte ich fest, dass es das Beste ist, einfach mit dem Filmen anzufangen und mit verschiedenen Ideen zu experimentieren. Das Filmen von Skateboarding ist eher wie eine Dokumentation - man kann nicht alles im Voraus planen. Man muss einfach mit dem Strom schwimmen.
Was mir am meisten Spaß gemacht hat, war, Tag und Nacht rauszugehen und einfach mit der Crew zu filmen und zu skaten. Auch zu sehen, wie am Ende alles zusammenkommt, war ziemlich cool. Vor allem, weil das Projekt lange in meinem Kopf war und ich nicht wirklich wusste, wie alles ausgehen würde.
Künstler und Regisseur gleichzeitig zu sein, war eigentlich ziemlich großartig. Ich wusste, wie der Film aussehen sollte, und konnte ihn ganz nach meinen Vorstellungen gestalten. Auch wenn ich manchmal schlechte Ideen loslassen und Kompromisse mit mir selbst eingehen musste, was nicht immer leicht war.
Ich würde versuchen, nicht alles zu überdenken und früher anzufangen. Außerdem würde ich versuchen, mit mehr Skaterinnen zu filmen. Ich habe ein bisschen spät gemerkt, dass ich nur mit Jungs gefilmt habe, obwohl es in Stuttgart eine ziemlich starke weibliche Skateszene gibt.
Ich wurde von vielen Skatevideos beeinflusst, die ich als Kind gesehen habe, wie "Yeah Right" und "Fully Flared" von Ty Evans und Spike Jonze. Sowie viele verschiedene Musikvideos und Künstler wie Ash Thorp und M.C. Escher.
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die an dem Projekt beteiligt waren. Allen Skatern, die ihre Zeit und Arbeit investiert haben. Frederic Kuntz und Dominik Schneider, die mir beim Filmen geholfen haben. Benedikt Vogler und Tilo Ehmann von der Tonabteilung und vor allem meiner Produzentin Laura Messner und meinem Cutter Victor Haselmayer, die dieses Projekt möglich gemacht haben. Viel Liebe an euch alle!