Stolz und Vorurteile und Fledermäuse

Projekt des Monats: A PRIORI

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Nichts ist Albert wichtiger als sein Schatz von alten Büchern. Als der junge Bibliothekar aus Sorge, dass er die Bibliothekstür nicht zugeschlossen hat, mitten in der Nacht zu seiner Arbeitsstätte zurückkehrt, entdeckt er eine Fledermaus. Um die Bücher zu schützen, jagt er sie fort und zerstört dabei die Ordnung der Bibliothek. Schaue jetzt A PRIORI!

A PRIORI ist der Diplomfilm von Regisseurin Maïté Schmitt. Die gebürtige Französin studierte Animation am Animationsinstitut und ist mittlerweile erfolgreiche Kinderbuchillustratorin. Was sie auf ihrem Weg dorthin alles gelernt hat, erfahrt Ihr im folgenden Interview.

 

A PRIORI jetzt anschauen!

 

Hallo Maïté! Wie lief deine Bewerbung an der Filmakademie ab?

Die Bewerbung an der Filmakademie war für mich ein bisschen kompliziert. Als ich mich beworben hatte, war ich in der Abschlussphase von meinem vorherigen Studium und mitten in einem Praktikum in einem Studio. Für die Arbeitsprobe hatte ich Sachen von meinem damalig entstehenden Diplomfilm geschickt.

 

Für die dreitägige Aufnahmeprüfung hatte ich ein Storyboard gezeichnet und einen ganz kleinen, groben Animationstest gemacht. Die Präsentation war ein bisschen schwierig, weil ich sehr gestresst war. Mündliche Prüfungen waren nie mein Ding und ich war ganz sicher, dass ich durchgefallen bin.

 

Und so ist es fast gekommen – ich war auf der Warteliste. Aber am Ende, hatte ich ein bisschen Glück und es hat geklappt. Dafür bin ich sehr dankbar, weil ich an der Filmakademie viel lernen konnte.

 

Was war an der Produktion von A PRIORI besonders herausfordernd im Vergleich zu vorherigen Projekten, die du realisiert hast?

Eine der Herausforderungen war, dass ich mich auf die Vorproduktionsphase konzentrieren wollte. Mit vorherigen Projekten, ist es immer so schnell gegangen, dass ich kaum Zeit hatte, solche Dinge wie detaillierte Charakterdesigns oder Color Scripts machen zu können. Ich wollte auch versuchen, ein detailliertes Animatic zu erstellen, um spätere Probleme zu vermeiden. Phil Hunt, der Senior Lecturer für unser Projekt, hat uns sehr geholfen das Animatic klarer zu gestalten.

 

Eine andere Herausforderung für dieses Projekt war mit einem etwas größeren Team zu arbeiten und sich innerhalb dieses Teams zu organisieren. Dafür war Yuan Wang, unser Producer, eine große Hilfe. Neben der Produktion hat er außerdem viel beim Compositing geholfen. Zeitlich war es alles schon ein bisschen knapp am Ende.  Ohne die Hilfe von unseren tollen Teammitgliedern (Maike Koller, Sion Kim und Emilia Reich), aber auch von vielen anderen Studierenden des Animationsinstituts, hätten wir es nicht geschafft.

 

Storyboard

Erzähl uns mehr vom wunderbaren Zeichenstil des Films!

Für den Stil des Films wollte ich den originalen Skizzen treu bleiben, um ein „roughes“ Gefühl zu vermitteln. Die Idee war, dass man noch die einzelnen Striche sieht und dass es nicht zu „clean“ wirkt. Der Zeichenstil war insbesondere von Kinderbuchillustrationen inspiriert – Leute wie Marc Boutavant, Guillaume Bianco oder Roland Garrigue, die einen „spontanen“ Zeichenstil haben.

 

Da es  um alte Bücher ging, fand ich es wichtig, dass man wenig  Digitales im Zeichentstil erkannte. Um das zu erreichen, habe ich die Hintergründe teils auf Papier mit Zeichenkohle gemalt und dann in Photoshop mit Hilfe von Texturen koloriert.

 

Für die Animation haben wir keinen richtigen Clean gemacht, um zu versuchen, die Spontaneität der Skizzen beizubehalten. Zusätzlich haben wir TVPaint benutzt, wo es viele analoge Brushes gibt.

Der Bibliothekar Albert hat nur Augen für seine Bücher. Bei dem Versuch sie zu retten, macht er alles nur noch schlimmer. Eine gerechte Strafe?

Ja, es ist schon ein bisschen eine gerechte Strafe, weil Albert selbst die Lage falsch interpretiert hat. Das war die Grundidee vom Film. Albert ist seinen Vorurteilen (a priori) gefolgt, dass Fledermäuse problematisch sind und hat nicht weiter nachgedacht. Fledermäuse haben sehr oft einen schlechten Ruf. Man denkt, dass sie furchtbar und gefährlich sind. In der Realität haben sie eine wichtige Rolle in der Umwelt und sind eigentlich ein ganz gutes Schädlingsbekämpfungsmittel.  Eine alte Bibliothek in Portugal, hat das übrigens schon seit langem erkannt.

 

Aber die Motten waren das echte Problem und wenn Albert sich ein bisschen Zeit genommen hätte, hätte er die Lage nicht noch schlimmer gemacht. Beim Versuch Sachen zu verbessern, macht man oft alles schlimmer, weil man nur seiner eigenen Idee folgen möchte und die Situation nicht aus einer anderen Sicht sehen will. Da Albert alles ganz allein lösen möchte, hat das natürlich keine schönen Folgen.Als er am Ende einsieht, dass er falsch lag, findet sich dann aber doch noch eine Lösung.

Erste Animationstests

Nach deinem Abschluss hast du dich selbstständig gemacht und arbeitest mittlerweile als freiberufliche Illustratorin und 2D-Animatorin. War das ein großer Schritt für dich? Wie läuft es bei dir?

Es war schon ein großer Schritt! Und das war eigentlich auch gar nicht der Plan. Ich dachte immer, das ich in kleinen Studios arbeiten werde. Ich wollte keine Freiberuflerin, weil ich in solchen Sachen wie Networking überhaupt nicht begabt bin. Aber es hat sich so entwickelt.

 

Ich wohne jetzt in der Nähe von Strasbourg und habe mittlerweile einen Agenten und kann deshalb mit Leuten aus verschiedenen Ländern an ganz unterschiedlichen Projekten arbeiten. Ich mache am meisten Illustrationen für Kinderbücher, aber ich animiere auch manchmal für ganz kleine Projekte. Was ich während der Zeit an der Filmakademie gelernt habe (wie z.B. Projektorganisation), hilft mir noch jeden Tag.

 

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