Echsenmenschen, Chemtrails & Co sorgen für virtuelles Spielvergnügen

Brettspielworkshop Wintersemester 2020/21

projects

Angeleitet von den Spieleautoren Ulrich Blum und Jens Merkl entwickelten Studierende der Vertiefung Interactive Media im vergangenen Semester eigene Gesellschaftsspiele. Normalerweise kommen die Teams für den Workshop am Spieltisch zusammen, testen und experimentieren mit verschiedenen Ideen und präsentieren am Ende ein klassisches, haptisches Brettspiel. Doch was passiert, wenn das unmittelbare Zusammenkommen, das wichtigste Alleinstellungsmerkmal des analogen Spiels, aufgrund einer weltweiten Pandemie nicht möglich ist?

 

Analoge Spiele jenseits des physischen Spieltisches

Nicht nur der Workshop musste pandemiebedingt in den virtuellen Raum übertragen werden, auch die Spielideen selbst, mussten ganz ohne unmittelbaren sozialen Kontakt funktionieren. Die Studierenden suchten also nach neuen Wegen des gemeinsamen Spielens und mussten Plattformen und Kanäle identifizieren, die mit den Mitteln des analogen Spiels bespielt werden können. Der Fokus des einwöchigen Workshops lag dabei nicht auf rein digitalen Spielen, sondern auf der Transformation von ungewohnten, spielfernen Medien hin zu spielerischer Interaktion.

Ulrich Blum und Jens Merkl: „Die größte Herausforderung für die TeilnehmerInnen war das Entwickeln erster Ideen. Das kennen wir auch aus unserem Alltag. Es ist viel einfacher an etwas bestehendem iterative Verbesserungen vorzunehmen, als gänzlich neue Ideen zu spinnen. Die Blockaden konnten jedoch gelöst werden, indem die TeilnehmerInnen die medieninhärenten Möglichkeiten genauer untersucht haben. Da wir nicht einfach „klassische“ Brettspiele entwickelt haben, sondern nach medienspezifischen Spielformen gesucht haben, lag die Antwort in den Vor- und Nachteilen des Mediums selbst. Wie wird dieses Medium normalerweise benutzt und wie können wir das spielerisch nutzen? Diese Fragestellung hat letztlich bei beiden Gruppen zu spannenden Lösungen geführt.“
Dabei profitierten die Studierenden von ihren Erfahrungen während des Onlinesemesters, wie Teilnehmerin Clara Deitmar beschreibt: „Mittlerweile nutzen wir simultan mehrere Online-Tools um das gemeinsame Arbeiten im Home-Office angenehm zu gestalten. Wir haben also so aus der Not eine Tugend gemacht und gerade diese als Plattformen genutzt, um Spiele darin zu entwickeln.“  Teilnehmer Till Sander-Titgemeyer merkt an: „Internetverbindungen und Zoom machen einem die Teamarbeit natürlich schwieriger. Ulrich und Jens haben uns jedoch durch ihr qualitativ hochwertiges Feedback im Prototyping unserer Spielidee gut unterstützt. Dies hat uns gezeigt, dass eine schnelle iterative Konzeptentwicklung auch online gut funktionieren kann.“

Die Prototypen

Die Projektteams wählten das Online-Whiteboard-Tool Miro und den Messaging-Dienst Telegram als Plattform für ihre Spiele. Dass sich beide Spiele inhaltlich mit Verschwörungstheorien auseinandersetzen, ist Zufall und ergab sich aus der aktuellen weltpolitischen Situation, in der extreme und absurde Meinungen immer mehr Aufmerksamkeit erregen. Beide Prototypen betrachten das Thema mit einem Augenzwinkern, konfrontieren die Spielerinnen und Spieler mit komischen Theorien und sorgen so für riesiges Spielvergnügen.

 

 

Ich sag nur Chemtrails

Entwickelt von Clara Deitmar und Eduard Schäfer

 

Ich sag nur Chemtrails ist ein Online-Gesellschaftsspiel, welches das kooperative Mindmap-Tool Miro als virtuellen Spieltisch nutzt. Spieler treffen sich auf einem gemeinsamen Miro-Board und reihen Verschwörungstheorien aneinander, je verrückter und absurder, desto besser. In einer gemeinsam erschaffenen Mindmap werden frei nach Laune die verdeckten Verbindungen zwischen Mondlandung, 5G und Echsenmenschen erfunden. Wer die originellste Verbindung entdeckt oder die längste Argumentationskette zieht gewinnt Punkte. Das Spiel zielt darauf ab in vertrauter Runde die heimliche Freude an absurden Theorien auszuleben, mit schwarzem Humor herzlich über den derzeitigen Weltzustand zu lachen und Verschwörungstheorien das sein zu lassen, was sie sind: ein absurdes, verstricktes Spiel.

 

 

Jetzt spielen!

Alles was du brauchst, um Ich sag nur Chemtrails zu spielen, ist ein Miro-Konto (kostenlos). Folge diesem Link, Dupliziere das Miro-Spielboard oder kopiere die Elemente in ein neues Board und los geht’s! Eine Spielanleitung führt dich Schritt für Schritt durch das Spiel.

 

Gif me the Clue

Entwickelt von Till Sander-Titgemeyer und Malte Hartleb

 

Gif me the Clue ist ein Online-Spiel, welches den Messaging-Dienst Telegram nutzt und dort in Gruppen gespielt wird. Der Spielleiter schreibt zunächst mit einem Geheimagenten, (dem Chatbot Gif me the Clue) welcher, von der Regierung verfolgt, geheime Informationen weitergeben muss. Aus diesem Grund verrät er dem Spielführer 3 geheime Hinweise auf eine Verschwörungstheorie. Da die Konversation abgehört wurde, ist es nun die Aufgabe des Spielleiters, diese Verschwörungstheorie per GIFs an die anderen Spieler weiter zu geben. Diese müssen anhand der gesendeten GIFs erraten um welche Verschwörungstheorie es sich handelt.

 
Ulrich Blum

Ulrich Blum ist hauptberuflicher Spieleautor und lebt in Köln. Er absolvierte ein Schauspielstudium an der Theater Hochschule Zürich und war 8 Jahre als Schauspieler tätig. 2009 gewann er das Spieleautoren-Stipendium der Jury Spiel des Jahres und entschloss sich fortan ganz den analogen Spielen zu widmen. Zu seinen Publikationen gehören unter anderem mehrere Spiele für den tiptoi Stift von Ravensburger, die Brettspiel-Adaption des Computerspiels Minecraft (Minecraft Builders & Biomes) und das Würfelspiel „Man muss auch Gönnen Können“ welches er zusammen mit Jens Merkl entwickelte. Darüber hinaus arbeitete er auch an diversen Spiele-Projekten in anderen Formaten als dem klassischen Brettspiel in einer Schachtel.

Jens Merkl

Der Heidelberger Spieleautor Jens Merkl studierte Philosophie, Journalismus und die Konzeption interaktiver Medien (an der Filmakademie),  er war Rapper, Songwriter und Produzent, und arbeitete als Grafikdesigner. Heute ist er hauptberuflicher Spieleautor. Zu seinen Publikationen gehören unter anderem 13 Veröffentlichungen für den tiptoi (Ravensburger), das Kommunikationsspiel "Small Talk Bingo" (Moses Verlag), das Würfelspiel „Man muss auch gönnen können“ (Schmidt Spiele) und das Echtzeit-Puzzlespiel „Nine Tiles Panic“ (Oink Games). Auch außerhalb des Brettspiels sucht er nach neuen analogen Spielformaten, entwickelte für Museen und designte gemeinsam mit Ulrich Blum, Jean-Claude Pellin und dem Street Art Künstler Alain Welter ein als analoges Jump’n’Run bespielbares Streetart-Kunstwerk in Luxemburg Stadt.

 

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