Der Set Extension Workshop bringt jedes Jahr Studierende aus den Bereichen Animation/Visual Effects, Kamera und Szenenbild zusammen: In nur drei Monaten realisiert das interdisziplinäre Team einen VFX-Kurzfilm - von der Ideenfindung bis hin zur Postproduktion. Im Oktober starteten 15 Studierende unter der Anleitung der Dozenten David Maas (Production Management), Tonio Freitag (VFX, R&D), Thomas Stammer (Szenenbild) und Thomas Merker (Kamera) in die Projektarbeit. In diesem Jahr lag der Fokus des Workshops klar auf der Integration technologischer Innovation, denn die Visual Effects wurden statt mit Greenscreen-Technologie mit einer LED Wand realisiert.
Lies weiter und erfahre, welche Herausforderungen es dabei zu bewältigen galt.
Produktion: Jiayan Chen, Saskia Stirn
Animation/Visual Effects: Yasmin Wetzel, Dominik Girod, Vincent Maurer, Caroline Keulertz
Kamera: Konstantin Pape, Bo-Christian Riedel-Petzold, Paul Nungeßer, Nikolaus Schreiber
Szenenbild: Ann-Kathrin Eberhard, Lea Karina Winkler, Anna Vehres, Nora Balmer
Eine lebhafte junge Frau bricht in eine gigantische, mystische Bibliothek voller schwebender Bücher ein, das finale Level eines Videospiels. Auf ihre Vergangenheit zurückblickend, muss sie eine letzte Aufgabe lösen, indem sie die starren Regeln dieser Welt überwindet.
Der Einsatz von hochauflösenden LED Bildschirmen am Set läutet gerade eine kleine Revolution in der Filmbranche ein. Statt vor einem Greenscreen zu drehen und Hintergründe in der Postproduktion nachträglich einzufügen, werden digitale Bildwelten mit Hilfe großer Displaytechnologien direkt ans Set geholt. Der Dreh wird dadurch flexibler und genauer und eröffnet in vielen Bereichen neue kreative Spielräume (Die LED Screen Revolution). „Bereits jetzt Virtual Production, was ja noch in den Kinderschuhen steckt, ausprobieren zu dürfen war fantastisch. Als Director of Photography hat das völlig neue Gestaltungsweisen in Bezug auf Lichtsetzung, Kadrage und Kamerabewegung ermöglicht.“, stellt Kamerastudent Paul Nungeßer fest.
Neben neuen Möglichkeiten für die Bildgestaltung bringt die innovative Technologie auch veränderte Workflows mit sich. Tonio Freitagerklärt: „Der Dreh mit der LED Wand verlagert einen großen Teil des üblichen Postproduktionsaufwands vor den Dreh, also mussten alle Entscheidungen, den digitalen Hintergrund betreffend, wesentlich früher getroffen und gut kommuniziert werden. Szenenbild und Kamera mussten ihre Konzepte so früh wie möglich ausgearbeitet haben, damit die VFX-Studierenden mit dem Erstellen der Assets beginnen konnten. Der Zeitdruck vor dem Dreh war daher deutlich höher als bei einer klassischen Greenscreen Produktion.“
Hinzu kommt die fehlende Erfahrung des Teams mit der LED Technologie, sodass Techniken und Abläufe in kürzester Zeit erlernt und bewährte Prozesse angepasst werden müssen. Producerin Jiayan Chen: „Neue Technologien können die Produktion oft mit beschleunigten Workflows, reduziertem Arbeitsaufwand und hochwertigem Output vereinfachen. Sie können aber auch eine Herausforderung bei der Integration und Planung sein. Während des intensiven Produktionsprozess wurde schnell klar, dass wir einen iterativen Workflow entwickeln müssen, um innerhalb kurzer Zeit unerwartete technischen Problemen lösen zu können. Man braucht genug Zeit, um Lösungen zu testen, Testergebnisse zu evaluieren und daraufhin den Produktionsplan zu verfeinern und anzupassen. Das war sehr herausfordernd. Einerseits die enge Kommunikation zwischen den einzelnen Abteilungen am Laufen zu halten und andererseits Änderungen und Entscheidungen schnell und effektiv umzusetzen.“
Die Abteilung Forschung und Entwicklung des Animationsinstitut hat den Einsatz der LED Wand initiiert, technisch umgesetzt und auch während des Setextension Workshops mit betreut. Dabei kamen unterschiedliche Technologien zum Einsatz, wie Motion Capture, um die Kamerabewegung zu erfassen oder das am Institut entwickelte VPET Toolset zur Interaktion mit virtuellen Elementen.
Vor besonderen Herausforderungen stand auch der Bereich Szenenbild, der sich auf das digitale Set einstellen musste. „Da die LED Wand starr ist, musste unser Set vor allem flexibel sein. Es war nicht einfach in so kurzer Zeit ein Set auf ein LED Studio anzupassen.“, bemerkt Szenenbildnerin Ann-Kathrin Eberhard. Auch VFX Supervisor Vincent Maurer hatte mit dem engen Zeitplan zu kämpfen: „Die VFX mussten im kurzen Zeitraum der Vorproduktion bis zum Dreh fertig werden und in Realtime in der Unreal Engine laufen. Ich habe neben der klassischen VFX Arbeit noch ein Control Panel für die Kontrolle am Set entwickelt, was nochmal eine ganz eigene Herausforderung war.“
Obwohl der Dreh im LED Studio für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops Neuland war, blicken die Studierenden stolz auf eine wertvolle und vor allem lehrreiche Erfahrung. Director Dominik Griod schätzte die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Gewerke und die Möglichkeit einmal projektbasierte und gleichzeitig herausfordernde Rollen zu übernehmen. „Die eigene Fähigkeit unter Zeitdruck rasch zum Beispiel eine neue Software zu erlernen, sollte man nicht unterschätzen.“ Auch für Paul Nungeßer entpuppte sich die vermeintliche Unerfahrenheit des Teams als riesige Chance: „Auf die Frage ‚Wie können wir das umsetzen?‘ war die Antwort oft ‚Lasst es uns herausfinden‘. Viele der am Set implementierten Lösungen hätte ich mir anfangs gar nicht erträumen können: Von einer Tablet-Steuerung der Unreal Szene über die virtuelle Schärfentiefe mit Loled Virtual bis hin zur DMX-Programmierung aller LED-Lichteinheiten. Dank unseres Oberbeleuchters Konstantin Pape und DMX-Operator Steffen Lechner hatten wir zahlreiche innovative Werkzeuge, die uns die Arbeit erleichtert haben. Und bei all diesen Herausforderungen konnten wir auf die geballte Unterstützung der Mitarbeiter des Animationsinstituts und der Filmakademie zurückgreifen, allen voran Tonio Freitag, der sich unerlässlich dafür eingesetzt hat, den Workshop trotz schwieriger Corona-Bedingungen möglich zu machen.“
Der Set Extension Workshop ist fester Bestandteil des Curriculums der Filmakademie Baden-Württemberg und findet stets in den ersten drei Monaten des Wintersemesters statt. Durch die interdisziplinäre Teamarbeit wird es den Studierenden ermöglicht, von der Vielfalt an künstlerischen Positionen und Kompetenzen innerhalb der Filmakademie zu profitieren und voneinander zu lernen. Team Building und vor allem die persönliche Weiterentwicklung jeder Studentin und jedes Studenten stehen dabei im Vordergrund. Der Film des diesjährigen Workshops wird im Rahmen der Semesterpräsentationen im März vorgestellt.