Das Filmset der Zukunft

Simon Spielmann erklärt im Interview, welche Chancen die LED-Wall bietet und wie die Technologie funktioniert.

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Bis Weihnachten forscht das Animationsinstitut wieder intensiv an der Zukunft des Filmemachens. Im Studio 1 auf dem Filmakademie-Campus sind Wände aus LED-Bildschirmen aufgebaut. Sie ermöglichen virtuelle Filmsets, die in der Filmbranche immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Research & Development-Abteilung des Instituts erprobt damit neue Drehmethoden. Die Studierenden erlernen im Set-Extension-Workshop die Möglichkeiten, die diese Technologie bietet. Dazu können einige Studierendenteams das neuartige Studiodesign für ihre Projekte nutzen.

 

Der Mathematiker und Medieninformatiker Simon Spielmann erklärt im Interview, welche Chancen die LED-Wall bietet und wie die Technologie funktioniert. Simon ist leitender Ingenieur der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Animationsinstituts sowie Dozent in der Studienvertiefung Technical Directing. Seit Jahren forscht er unter anderem daran, Entwicklungen der Echtzeit-Computergrafik für die Filmbranche nutzbar zu machen.

 

Lieber Simon, was hat es mit Filmsets aus LED-Wänden auf sich?

 

Bislang drehte man Szenen, die vor computergenerierten Landschaften oder fotografischen Hintergründen spielen, vor allem mit der Blue- und Greenscreen-Technik. Dabei werden Personen oder Gegenstände vor blauen oder grünen Flächen aufgenommen und später in die gewünschten Bilderwelten gesetzt. Künftig könnten hochauflösende LED-Wände diese Methode ablösen. Mit großen Displaytechnologien können virtuelle Inhalte direkt ans Filmset geholt werden.

 

Was sind die Vorteile?

 

Ein großer Nachteil der Green- und Bluescreens ist, dass die detaillierte Gestaltung der Szenen hinsichtlich des Zusammenspiels zwischen Schauspiel und bildlicher Umwelt im Nachhinein erfolgt. Das bedeutet oft eine schauspielerische Herausforderung. Denn die Darsteller*innen sind oftmals gezwungen, ihr Spiel weitestgehend blind oder nur indirekt in die Umwelt zu imaginieren. Auch Aufnahmefehler, die in der Postproduktion aufwändig korrigiert werden müssen, passierten recht häufig. Die LED-Screens funktionieren hingegen als eine Art Bühne.

Zudem sind die Bildschirme mittlerweile so hell, dass man damit gut beleuchten kann. So gut, dass LED-Wände bald die Beleuchtungstechnik am Set ergänzen können.

Simon Spielmann

Die am Set mit dem bloßen Auge gesehene Szenerie ist also nahe an dem Bild, das für den Film geschossen wird?

 

Genau. Dadurch erlangt man mehr Kontrolle und eine größere Genauigkeit beim Dreh. Zudem sind die Bildschirme mittlerweile so hell, dass man damit gut beleuchten kann. So gut, dass LED-Wände bald die Beleuchtungstechnik am Set ergänzen können.

 

Vergangenes Studienjahr stand schon einmal eine Testanlage im Studio 1. Mit dieser habt ihr experimentiert, ein erster Workshop fand statt und Teile der Studierendenprojekte NEOSHIN und HIGHSCORE HEAVEN wurden damit gedreht. Wo lag damals euer Forschungsfokus?

 

Wir haben bei der Technologie noch eine ganze Palette an Problemen, die es zu lösen gilt. Beispielsweise arbeitet unsere Abteilung an Softwarelösungen, die die Arbeit von Regisseur*innen mit den Screens vereinfachen können. Etwa wenn diese am Set Änderungen am Bild wünschen, könnten die Projektionen durch die vom Animationsinstitut entwickelte Tablet-Applikation VPET leicht umgestaltet werden. Zudem müssen geeignete Wege gefunden werden, wie die Bildschirme und die Kamera ideal aufeinander abgestimmt werden, um ein bestmögliches finales Bild zu erzeugen. Wir versuchen, computeranimierte Bilderwelten mit realen Handlungen technisch so zu synchronisieren, dass Schauspiel und Bild live interagieren. Entscheidend dabei ist das Kameratrackingsystem.

Durch die Pandemie war die Technik in der Filmwelt in aller Munde. Warum?  

 

Solche Bildschirm-Filmsets gleichen sich grundsätzlich hinsichtlich ihres Aufbaus in unterschiedlichen Studios. Daher ist es möglich, dass Drehs an unterschiedlichen Orten stattfinden und somit Reisen von Filmcrews vermieden beziehungsweise weniger werden können. Das wurde für Produktionsfirmen interessant, als Drehs in aller Welt durch die Hygienebestimmungen eingeschränkt waren. Mit der Technik könnte schließlich auch ein ganz neues Geschäftsfeld entstehen. Es ist denkbar, dass Beleuchtungssettings und VFX-Setdesigns als Presets von Dienstleistern vorgefertigt angeboten werden, weil sie in jedes beliebige LED-Screen-Studio auf der Welt digital aufspielbar sind.

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